Geschichte
Nach dem 1. Weltkrieg
Der Kriegerverein hatte die Errichtung eines öffentlichen Denkmals angeregt. Die Namen von 115 gefallenen Männer, die 1914 bis 1918 in den Krieg gezogen waren und ihr Leben für das deutsche Vaterland gelassen hatten, sollten in Stein gemeißelt und durch dieses Denkmal den kommenden Generationen zum ehrenden Andenken überliefert werden.
Bis in die fernste Zukunft hinein sollten ihre Namen ihren Nachkommen unvergesslich erhalten bleiben.
Das Kriegerdenkmal wurde aus Kunststein in schlichter, würdiger Form errichtet und enthielt auf drei Granittafeln die Namen der 115 gefallenen Soldaten. Der von Linden beschattete Teil des Marktplatzes wurde zu diesem Zweck erhöht.
Auch das Denkmal für die Gefallenen 1870-1871 wurde verlegt. Durch gärtnerische Gestaltung des Platzes wurde der Standort für beide Denkmäler noch schöner.
Das Kriegerdenkmal wurde 1925 auf dem Marktplatz errichtet. Die Ausführung lag bei dem Steinbildhauermeister Hartin in Bergen.
Die Einweihung
Die feierliche Einweihung des Denkmals wurde am 30. August 1925 vollzogen.
Das Programm dieses Tages sah folgendermaßen aus:
Zur Einweihung des Heldendenkmals für die aus dem Kirchspiel Gingst im Weltkriege 1914/18 Gefallenen. Morgens 9 Uhr Antreten der Vereine im Vereinslokal Lorenz.
Reihenfolge:
1. Kriegerverein
2. Stahlhelm
3. Gesangsverein
4. Turnverein
5. Reiterverein
6. Verein Eintracht
7. Feuerwehr
8. Bismarckjugend
Anmarsch zur Kirche und Teilnahme am Gottesdienst.
Nach dem Gottesdienst geschlossener Abmarsch zum Denkmalsplatz und Aufmarsch.
1. Gemeinsames Lied: „Niederl. Dankgebet“
2. Ansprache vom Vorsitzendes des Kriegerverein Herrn Rittmeister Heidborn, Unrow
3. Männer Chor „ Ich kenn einen hellen Edelstein“
4. Enthüllungsrede, Herr Hauptmann Brandenburg
5. Enthüllung des Denkmals unter Achtung und Gesang des Männer Chors:
„Ich hatt einen Kameraden“
6. Weiherede, Herr Pastor Stelter
7. Gemischter Chor: „Für uns“
8. Ehrensalve
9. Kranzniederlegung
10. Übergabe des Denkmals und des Platzes an die Gemeinde Gingst
11. Übernahme durch die Gemeinde
12. Schlusswort mit dem gemeinsamen Deutschlandlied.
Anschließend geschlossener Abmarsch der Vereine zum Vereinslokal, woselbst gemeinsam ein Frühschoppen und ein Teller Erbsensuppe eingenommen wird.
Die Schatulle
Im Inneren des Grundsteins wurde eine Schatulle eingemauert, die eine 4-seitige Urkunde mit den Unterschriften der Gemeindevertretung sowie Geldscheine aus den Inflationszeiten enthielt. Sie befindet sich heute in den historischen Handwerkerstuben Gingst.
In der Urkunde ist zu lesen:
Urkunde über die Errichtung des Ehrendenkmals für die im Weltkriege 1914-18 aus dem Kirchspiel Gingst Gefallenen.
Einhundertzwanzig Namen von Männern und Jünglingen, die aus den Akten unseres Kirchspiels in den Jahren 1914-18 in den blutigen Weltkrieg gezogen sind und ihr Leben für das deutsche Vaterland dahin gegeben haben sollen in Stein gemeißelt durch dies Denkmal den kommenden Geschlechtern zum ehrenden Andenken überliefert werden.
Soviel Trauer und Schmerz auch mit der Erinnerung an diese Toten verbunden ist, nicht nur für diejenigen, aus deren Familienkreise sie so früh und jäh geschieden sind, sondern für uns alle in dem wehmütigen Gedenken, daß ihre Tapferkeit und treue Pflichterfüllung unser deutsches Volk doch nicht vor einem schmachvollen Frieden und vor Umsturz und Not im Innern und vor Beraubung, Schimpf und Unterdrückung seitens unserer Feinde hat bewahren können, wir blicken doch mit Ehrfurcht und Stolz und heißem Dank auf diese unsere toten Helden, die in so vielen blutigen Schlachten den Heeren unserer zahllosen Feinde widerstanden, die Grenzen unserer teuren Heimat vor der Kriegsnot behütet und die Ehre und Freiheit des Vaterlandes treu ihrem geleisteten Eidschwur für Kaiser und Reich bis in den Tod verteidigt haben. 2750 Seelen zählt unser Kirchspiel. Von den vielen Hunderten, die aus ihm als Krieger in das Feld gezogen sind, haben neben der großen Zahl, die zerschossen und siech zurückgekehrt noch unter uns leben und denen ebenfalls unser Dank gebührt, 120 ihr höchstes Gut, das Leben, für uns, ihre deutschen Brüder, geopfert. Ihnen zum Gedächtnis dieses Denkmal auf dem Marktplatze unseres Kirchortes trotz der Not der Zeit zu errichten, halten wir für unsere Ehrenpflicht. Wenn auch mit Tränen im Auge, sollen doch ihre Frauen und Kinder, ihre Eltern und Geschwister mit Stolz die Namen der Ihrigen auf den Steintafeln dieses Denkmals wieder lesen und die Gestalten ihrer teuren Toten sich vor Augen stellen können. Bis in die fernste Zukunft hinein sollen ihre Namen ihren Nachkommen unvergeßlich erhalten bleiben. Alle kommenden Geschlechter aber sollen durch die Namen dieser toten Helden gemahnt werden, Gut und Blut auch weiterhin opferwillig für das teure Vaterland einzusetzen, damit dasselbe die von den Vätern in siegreichen Kämpfen und fleißiger Arbeit errungen zur Blüte und Größe wiedererlangt.
Über die Geschichte der Errichtung dieses Denkmals berichten wir der Nachwelt noch kurz folgendes:
Bereits im Jahre 1920 wurde der Plan gefaßt, ein Ehrendenkmal für die Kriegsgefallenen des Kirchspiels zu errichten. Ein Ausschuß wurde gewählt und Geld für diesen Zweck gesammelt. Aber bevor eine Einigung über Ort und Art des Denkmals zu Stande kam, waren die gesammelten Geldmittel durch die Entwertung des Geldes, die Ende des Jahres 1923 so weit führte, daß eine Billion Papiermark nur noch den Wert der früheren Mark hatte, zu nichts geworden. Im Jahre 1924 wurden darauf von dem hiesigen Krieger- und Militärverein unter seinem Vorsitzenden Hr. Rittmeister Heldborn auf Unrow zwei eichene Ehrentafeln mit den Namen der Kriegsgefallenen des Kirchspiels für unsere Kirche gestiftet, die am Totenfeste desselben Jahres in Anwesenheit der Vereine des Kirchspiels und unter großer Beteiligung der Gesamtgemeinde von dem Ortsgeistlichen eingeweiht wurden. In diesem Jahre hat dann der Kriegerverein von neuem die Errichtung eines öffentlichen Denkmals angeregt und die übrigen nationalgesinnten Vereine, Turnverein, Gesangsverein, Feuerwehr, Verein Eintracht, Reiterverein, Stahlhelm und Bismarkjugend sowie die Gemeinde- und Gutsvorsteher des Kirchspiels zur Beschlußfassung darüber eingeladen. Nachdem diese Versammlung einstimmig ihre Zustimmung zur Errichtung eines Denkmals und ihrer Mitbeteiligung zur Aufbringung der Kosten für dasselbe gegeben hatte, wurde zur Weiterführung der Arbeiten ein Denkmalausschuß gewählt, bestehend aus dem Herrn: Rittergutsbesitzer Heidborn-Unrow, Zimmermeister Britz-Dubkevitz, Pastor Stelter-Gingst, Straßenmeister Vistenz-Gingst, Rendant Knüppel-Gingst und Gemeindevorsteher Neumann-Gingst. Mit Zustimmung der Gemeindevertretung von Gingst wurde der hiesige Marktplatz als Standort für das Denkmal bestimmt und dem Steinbildhauermeister Hartig in Bergen die Ausführung desselben übertragen. Die feierliche Einweihung des Denkmals wird voraussichtlich am Sonntag, dem 30. August diesen Jahres erfolgen können.
Möge alsdann dies Denkmal Jahrhunderte hindurch eine Zierde unseres Ortes, ein Zeichen des Dankes der Lebenden an die Toten und eine Mahnung für alle kommenden Geschlechter zur Treue am Vaterlande sein.
Gingst, den 29. Juli 1925
[Unterschriften]
Heidborn – Unrow, Britz – Gingst, Vistenz – Gingst, Willi Knüppel – Gingst, Wilhelm Stelter- Pastor, Neumann -Gingst
Zur Zeiten der DDR
Bedingt durch die sozialistische Mangelwirtschaft und den Wunsch nach einer neuen sozialistischen Gestaltung der Innenstädte und Dörfer ging eine Vielzahl von schützenswerten Objekten verloren, unter anderem wurde auf Befehl der politischen Obrigkeit das Kriegerdenkmal auf dem Markt 1974 abgerissen und verkippt.
Auch das Kriegerdenkmal 1870-1871 wurde abgerissen und in der Kiesgrube in Malkvitz verkippt. Die niedergerissenen Denkmäler wurden an verschiedenen Orten um Gingst entsorgt. Lediglich 6 Grundelemente befanden sich noch vor dem Gemeindehaus Gingst und anderer Stellen, sie wurden als Blumenkübel benutzt.
Nach dem Abriss des Denkmals wurde auf Beschluß des Gemeindekirchenrates und in Absprache mit dem Denkmalsamt innerhalb der Kirche St. Jacobi ein Gedenktisch errichtet.
Ein Buch mit den Namen der Gefallenen hielt die Erinnerung wach. Das zuerst in der Gemeinde geschriebene Gedenkbuch ist dann von dem Künstler Lothar Mannewitz nach künstlerischen Gesichtspunkten ersetzt worden.
Eine Liste mit allen Namen der Gefallenen ist unter folgendem Link einzusehen:
http://www.denkmalprojekt.org/2016/gingst_lk-ruegen_70-71_wk1_wk2_mvp.ht